Die echokardiographische Beurteilung der linksventrikulären diastolischen Funktion ist ein wesentlicher Teil der
Diagnostik von Patienten mit den klinischen Zeichen einer Herzinsuffizienz.1
Doch die Diagnose einer Diastolischen Dysfunktion ist nicht immer einfach. Es bestehen Überschneidungen der
Doppler-Indizes Herzgesunder mit denen, die eine manifeste diastolische Dysfunktion aufweisen. Es kommt auch im
Rahmen des natürlichen Alterungsprozesses zu kardiovaskulären Veränderungen mit Verminderung der linksventrikulären
Relaxation, wie sie bei einer diastolischen Dysfunktion bei Jüngeren gesehen werden.
Die erhobenen Werte können also nur in ihrer Gesamtheit interpretiert werden. Und dann ist da der Umstand, dass
trotz derzeit gültiger Empfehlungen die Klassifikation noch kontrovers diskutiert wird.2
Die 2016 herausgegebenen Leitlinien der American Society of Echocardiography (ASE) erscheinen obwohl zur
Vereinfachung gedacht vielen auf den ersten Blick zu kompliziert, um sie im klinischen Alltag anzuwenden.3
Gegenüber den früheren Empfehlungen orientieren sie sich aber stärker an der Klinik und weisen einen verbesserten
prognostischen Wert bezüglich der Langzeitmortalität bei Patienten mit HFpEF auf.4
Bei der noch häufig anzutreffenden Beurteilung nach den Empfehlungen der American Society of Echocardiography (ASE)
von 2009 hingegen besteht die Gefahr die Prävalenz der Diastolischen Dysfunktion I° zu überschätzen.5,6
Werden sie angewandt liegt die Prävalenz der diastolischen Dysfunktion in der Allgemeinbevölkerung bei rund 11%
(♂ 13,8%, ♀ 8,6%) und steigt auch unter Verwendung altersbereinigter Cut off-Werte mit dem Lebensalter an. 7
Es wird von einer Prävalenz einer asymptomatischen diastolischen Dysfunktion im 45. Lebensjahr in der
Allgemeinbevölkerung von rund 25-30% berichtet8 und etwa 45% augenscheinlich gesunder Probanden im Alter von 60
bis 80 Jahren sollen eine Diastolische Dysfunktion I° aufweisen.9
Die Frage ist ob alle diese Menschen als Diastolische Dysfunktion Grad I° eingestuft auch wirklich kardial erkrankt
sind. Es zeigte sich so auch eine nur schlechte Assoziation einer vorhandenen diastolischen Dysfunktion mit dem
Symptom Dyspnoe in einer Kohorte älterer Frauen mit normwertiger systolischer linksventrikulärer Funktion.10
Im direkten Vergleich beider Empfehlungen besteht lediglich eine Übereinstimmung von nur 2/3 in der
Befundinterpretation.6 Sorrentino et al. (2020) wies bei 1508 ambulanten Patienten nach, dass die Anwendung der
Empfehlungen von 2016 signifikant auf ein 11,4% (36,1% vs. 47,5%) geringeres Auftreten einer Diastolischen
Dysfunktion und auf ein um 10,1% (12,6% vs. 22,7%) geringeres Auftreten erhöhter linksventrikulärer Füllungsdrücke
schließen ließ. Auch in der Untergruppe der Herzinsffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF) bestand eine
signifikante Differenz (0,7% vs. 21,6% , p <0.0001).6
Die Beurteilung der diastolischen Dysfunktion gemäß den Empfehlungen von 2016 führt zu einer geringeren Anzahl
nicht schlüssiger Diagnosen. Sie verwendet die gleichen Parameter wie die der Empfehlungen von 2009, nur werden
diese zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt im Algorytmus abgefragt. Dies erleichtert die Beurteilung, da im
Algorytmus nicht weiter benötigte Parameter nicht mehr erhoben werden müssen. Die Empfehlungen von 2009 sollten
nicht mehr angewandt werden.
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